Vansee

Ostanatolien, Türkei

Akdamar
Akdamar

Siebenmal größer als der Bodensee ist der abflusslose und stark alkalische Vansee im Osten der Türkei. Südlich liegt das verschneite Taurusgebirge, während sich im Westen und Norden eine Kette von Vulkanen entlangzieht, die bis zum Ararat reicht. Am auffälligsten ist der weiße Kegel des Süphan Dagi im Norden, der sich aber fast ständig in Wolken verhüllt.

An den See kamen wir mit einem Nachtbus, in dem wir kaum Schlaf fanden, der Bus zitterte und vibrierte wie Espenlaub im Sturm, da der Fahrer wie ein Berserker fuhr. Vielleicht musste er ja daran denken, dass die PKK zwei Tage zuvor nicht allzu weit weg, in der Provinz Batman, einen Bus in die Luft gejagt hat… In Tatvan, am Westrand des Sees, trafen wir dann auch 2 Stunden zu früh, nämlich um 5 Uhr morgens ein. Wir schleppten uns zunächst erfolglos zu einem Hotel und noch zu einem zweiten, aber in dem einem rührt sich auf unser Klopfen nichts und im anderen öffnet nach penetrantem an die Tür Hämmern ein Typ mit wütendem Gesicht, der uns einfach wieder wegschickt. Wir fanden ein Restaurant, das um diese Zeit schon Fleischsuppe als Frühstück aus schenkt und nahmen dann trotz Übermüdung ein Taxi zum Vulkan Nemrut (der mit dem anderen Nemrut nur den Namen gemein hat).

Nemrut Dagi hat eine schöne Caldera mit 7 km Durchmesser, die mit allerlei Innereien wie Seen, Staukuppen und Obsidianströmen gefüllt ist. Nur leider zog es schon auf dem Weg hinauf immer mehr zu und nach einem kurzen Spaziergang im Inneren standen wir in einem heftigen Schneegestöber, das in wenigen Minuten alles weiß überzuckerte. Mangels Sicht machten wir uns auf den Rückweg. Dabei mussten wir zweimal unser Taxi anschieben, das mit seinen abgefahrenen Reifen auf der frisch verschneiten Piste keine Chance hatte… Den Rest des Tages holten wir den dringend benötigten Schlaf nach.

Auf einer Insel im See Namens Akdamar sehen wir unsere erste armenische Kirche. Sie ist größer, als ich erwartet hatte, und reich verziert mit Reliefs. Ein schönes Bild mit dem See und den Bergen im Hintergrund.

Van ist eine moderne Stadt einige Kilometer abseits vom See. Am Busbahnhof spricht uns ein junger Mann mit wuscheligen Locken und schwarz-gelber Lederjacke in perfektem Englisch an. Er versteht es überhaupt nicht, warum Europäer nach Asien reisen. Für ihn ist es wie ein Gefängnis, sagt er. Er wirkt hier wie ein Fremdkörper und fühlt sich auch so. Tatsächlich kommt er aus Afghanistan, war eine Zeit in einem Nest im Iran (wo er aber nicht arbeiten durfte) und ist jetzt hier. Er jobbt in einer Schule, darf aber nicht von Van weg. Wir haben es gut, meint er, wir können hier her, uns anschauen, wie es ist und dann wieder wegfahren.

Das Highlight des Nachtlebens dieser Stadt ist eine kurdische Bar im oberen Stockwerk eines Betonblocks, eine Band spielt viel zu laut Ethno-Rock. Der Raum ist durch eine Stufe in zwei Hälften geteilt, aber nicht etwa in Raucher und Nichtraucher, sondern in gemischte und rein männliche Tische! Immerhin gibt es hier Frauen im Gegensatz zu den Teehäusern in der türkischen Provinz, die eine rein männliche Domäne zu sein scheinen.

Tatsächlich gibt es auch ein altes Van am Seeufer aus der Zeit 900-600 v. Chr., über den Grundmauern dieser Stadt thront auf einem hohen Fels eine Festung, in der auch eine in den Fels gehauene Inschrift in Keilschrift zu sehen ist.

Wir sind überrascht über die relativ geringe Militärpräsenz in der Region, vor allem mit dem Hintergrund, dass die Türkei die letzten Tage wieder Operationen im Irak gegen Stellungen der PKK durchgeführt hat. Erst kurz vor der iranischen Grenze werden wir kontrolliert.

Dogubayazid
Dogubayazid

Das Grenzstädtchen Dogubayazid liegt in einer beeindruckenden Landschaft zu Füßen des Ararat. In der Nähe liegt in den Bergen ein romantisches Schlösschen, das sich mit seinem Hof, Minarett, der Kuppel und den reich verzierten Portalen perfekt in die Felsen und Täler der Berge einschmiegt.


 

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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
ISBN 978-3-89514-925-2