Nationalpark Perito Moreno und Trek zum Cerro San Lorenzo

Einsame wilde Natur, Patagonien, wie man es sich vorstellt: Der kaum besuchte Nationalpark in Argentinien bietet beeindruckende Ansichten und Einsamkeit und der dritthöchste Berg Patagoniens ragt als Mauer aus Eis und Fels über der Steppe auf

Cerro San Lorenzo
Cerro San Lorenzo

Der dritthöchste Berg Patagoniens (nach Cerro San Valentin und dem Vulkan Lanin) ragt als gewaltige Mauer aus Eis und Fels über der Steppe Patagoniens auf. Ein gewaltiger Anblick, und doch kommen kaum Touristen in diese abgelegene Gegend. Kaum jemand kennt den Cerro San Lorenzo, obwohl er die berühmten Gipfel im Süden deutlich überragt.

Lago Belgrano vom Cerro Leon
Lago Belgrano vom Cerro Leon

Der Berg liegt gerade außerhalb des Nationalparks Perito Moreno (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Gletscher, der ein paar Stunden die Ruta 40 nach Süden liegt, und auch nicht mit dem gleichnamigen Dorf, das ein paar Stunden die Ruta 40 nach Norden liegt und dann gibt es noch weiter weg, bei Bariloche, noch einen gleichnamigen See). Eine ziemlich einsame Gegend, auf meiner Übersichtskarte sind entlang der Ruta 40 schon Siedlungen, die nur aus drei Häusern und einer Tankstelle bestehen, eingezeichnet. In Abständen von 100 km. Und von dieser Straße aus sind es noch mal fast 100 km auf einer holprigen Piste. Doch der Abstecher lohnt sich.

(Update: Wenige Monate später wurde der Nationalpark um den Cerro San Lorenzo erweitert.)

Lago Belgrano vom Cerro Leon
Lago Belgrano vom Cerro Leon

Ich besteige einen kleinen Aussichtsberg, den Cerro Leon (1,5h hinauf), und vor mir breitet sich ein unglaubliches Panorama aus Seen und Bergen aus. Unter mir der Lago Belgrano, der wie eine Zange in zwei gebogenen Armen eine kreisrunde Halbinsel umschließt. Erstaunlich, dass ich noch nie ein Foto davon gesehen habe. Das sind oft die schönsten Momente einer Reise, wenn man von einem wundervollen Anblick überrascht wird, den man nicht erwartet hat.

Pantoffelblumen (Calceolaria uniflora)
Pantoffelblumen (Calceolaria uniflora)

Der Ausgangspunkt, die Ranger-Station El Rincon, ist zugleich der beste Ausgangspunkt für eine Wanderung zum Cerro San Lorenzo. Auf einem kaum begangenen Pfad wandere ich 5h das Tal hinauf und schlage mein Zelt an einer ehemaligen Hütte auf, mit Blick auf die Ostwand des Berges. Von hier aus lohnt sich ein Abstecher zu einem unter der Ostwand gelegenen Gletschersee (1,5 h hin).

Das Haupttal führt weiter in einem Bogen zur Nordostseite des Berges, wo ich in der Nähe des blauen Lago Hermoso (3,5 h) mein Zelt aufschlage. In der Umgebung gibt es noch eine Reihe türkisfarbener Gletscherseen zu erkunden.

Cerro San Lorenzo
Cerro San Lorenzo

Auf der anderen Seite des Lago Hermoso steige ich am nächsten Tag eine Moräne hinauf und bin überrascht, dass der Gletschersee auf der anderen Seite deutlich tiefer liegt als der Talboden und offensichtlich in das nach Norden führende Tal entwässert. Am Ufer ist der Gletscher leicht zu erreichen, ich finde dort sogar zwei kleine Eishöhlen.

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Beim Rückweg kommt ein starker Wind auf, so stark, dass ich die steile Moräne hinauf fast bremsen muss. Ich mache mir Sorgen um mein Zelt, ob die Büsche als Windschutz ausreichen? Oben angekommen ist das Zelt tatsächlich nicht zu erkennen! Schließlich finde ich nur meinen Kocher, den Topf, eine leere Thunfischdose und verstreut herumliegende Heringe vor, vom Zelt keine Spur. Meine Tasse finde ich in den Büschen, damit ist alles zusammen, was im Vorzelt lag. Wenn ich die Gischt sehe, die über den See peitscht, dann wundert es mich nicht. Und die Wolken jagen in einem Tempo über den Himmel, dass einem schwindelig wird, nur die eine, die den San Lorenzo verhüllt, bleibt penetrant an ihrer Stelle. Suchend und fluchend folge ich dem Wind, schließlich finde ich das Zelt gut 200 m talabwärts im Bach. Der Schlafsack ist so vollgesogen, dass ich es nur mit Mühe aus dem Wasser bekomme, aber das ist wahrscheinlich mein Glück, sonst wäre es noch weiter geflogen. Bücher und Klopapier sind nur noch Pappmaschee, das Brot hat sich in eine undefinierbare Masse verwandelt. Der Rest ist schnell getrocknet und das Zelt sieht zwar ziemlich mitgenommen aus, mit verbogenen Stangen und kleineren Rissen, aber mit etwas Glück dürfte es noch die letzte Woche aushalten.

Ich quetsche möglichst viel Wasser aus dem „Brot“ und würge die Masse mit ein paar Bissen Käse hinunter, nicht lecker, aber ich habe noch 7 Stunden Rückweg vor mir, die ich bestimmt nicht ohne Mittagessen schaffe. Dann wickle ich den tropfenden Schlafsack um den Rucksack und marschiere fast ohne Pause zurück. Bei El Rincon baue ich das ramponierte Zelt auf, koche noch etwas Leckeres und falle erschöpft und trotz allem irgendwie zufrieden auf die Isomatte. Dass es jetzt auch noch regnet, ist mir ziemlich egal …


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