Geologie des Atlas

Während Europa die gesamte Erdgeschichte hindurch immer wieder durch Gebirgsbildungen oder vorstoßende Meere verändert wurde, ist in Afrika seit den präkambrischen Orogenesen (mit der Bildung des Kontinents Gondwana) nicht viel passiert, abgesehen von stellenweise auf dem Präkambrischen Schild flach abgelagerten Sedimenten. Eine Ausnahme ist neben dem Ostafrikanischen Graben das junge Atlasgebirge.

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Wie die Alpen entstand der Atlas durch die Kollision zwischen Afrika und Europa, ist also Teil des alpidischen Orogengürtels. Er besteht aus einer Reihe versetzter Gebirgszüge, die durch Hochebenen (Mesetas) getrennt sind: in Marokko von Süd nach Nord der Antiatlas (geologisch betrachtet nicht Teil des Atlas, sondern ein älteres Gebirge), der Hohe Atlas (ein Hochgebirge mit Gipfeln bis über 4000 m), der Mittlere Atlas (bis über 3000 m, erinnert morphologisch an den Tafeljura in der Nordschweiz) und das Rif, (geologisch nicht mehr Teil des Atlas, sondern zusammen mit der Betischen Kordillere Südspaniens ein asymmetrisches Deckengebirge); in Algerien der Tellatlas und der Saharaatlas.

Mehr über den Atlas und andere Gebirge findet sich in meinem Buch Bewegte Bergwelt.

Vor der Gebirgsbildung, während dem Mesozoikum, entstand hier durch die Öffnung des Atlantiks (vorher bildeten noch nahezu alle Landmassen zusammen den Superkontinent Pangea) zwischen Zentralatlantik und Tethys ein von Gräben und Horsten und pull-apart Becken geprägtes Grabensystem. In den tief gelegenen Bereichen wurden mächtige marine Sedimente, insbesondere Karbonate, abgelagert, stellenweise wurden Basalte gefördert. Durch die spätere Gebirgsbildung wurden diese Gesteine gehoben und teilweise wieder abgetragen, wobei die älteren Verwerfungen die Struktur des entstehenden Gebirges vorgaben. Es handelt sich bei den Atlas-Ketten also nicht um ein Deckengebirge (wie z.B. die Alpen oder das Rif, bei denen Gesteinsdecken entlang flach liegender Überschiebungen über große Strecken verschoben wurden, das übliche Resultat der Kollision zweier Kontinente), sondern um eine Inversion eines intrakontinentalen Grabensystems (daher steile Überschiebungen mit vergleichsweise geringer Transportweite). Im Gebiet des Jebel Toubkal (im Hohen Atlas südlich von Marrakesh) ist durch die starke Hebung und Erosion immerhin das präkambrische Grundgebirge freigelegt worden, weiter westlich stehen vor allem die in den Gräben abgelagerten mesozoische Kalksteine an.

Andere Gebirge wie die Alpen wachsen durch Auftrieb einer durch die Kollision stark verdickten kontinentalen Kruste in die Höhe, sobald das Gegengewicht, die vorher subduzierte ozeanische Lithosphäre, abbricht. Eine derart dicke Kruste fehlt unter dem Atlas jedoch und im Vergleich zu anderen Gebirgen kam es nur zu einer geringen Krustenverkürzung. Stattdessen dünnt hier die Lithosphäre (das ist die Kruste und der starre Teil des Mantels) auf etwa die Hälfte im Vergleich zum südlich anschließenden Kraton aus (Teixell et al. 2005). Andererseits liegen auch die angrenzenden Gebiete noch relativ hoch, im Gegensatz zu den normalerweise vor Gebirgen liegenden Molassebecken. Die Kollision mit Europa reicht also nicht als Erklärung für die starke Hebung. Offensichtlich liegt unter dem Gebirge ein Mantelplume (=Manteldiapir), der das Gebirge, das eigentlich nur eine geringe Krustenverkürzung und -verdickung aufweist, nach oben schiebt. Das erklärt auch den jungen alkalinen Magmatismus, der es trotz des Kompressionsregimes immer wieder an die Oberfläche geschafft hat.
Der Antiatlas (im Süden Marokkos) ist hingegen schon wesentlich früher, während der variszischen Orogenese (deren Spuren im Bereich des Atlas selbst weitgehend alpidisch überprägt wurden), mit der Bildung des Großkontinents Pangea entstanden, die alpidische Orogenese führte hier nur zu einer geringen Tektonik und Hebung. Entsprechend sind Gesteine (vor allem Metamorphite und Sedimente) aus dem Präkambrium und Jungpaläozoikum aufgeschlossen, die am Rand unter etwas jüngere Sedimente abtauchen. Die Sedimente Marokkos sind für ihre hervorragenden Fossilien bekannt.

Literatur

Teixell, A., Ayarza, P., Zeyen, H., Fernàndez, M., Arboleya, M. (2005). Effects of mantle upwelling in a compressional setting: the Atlas Mountains of Morocco. Terra Nova 17, 456-461.

Hoepffner, C., Soulaimani, A., Piqué, A. (2005). The Moroccan Hercynides. Journal of African Earth Sciences 43, 144-165.

Beauchamp et al. (1996), Intracontinental Rifting and Inversion: Missour Basin and Atlas Mountains, Morocco. AAPG Bulletin; September 1996; v. 80; no. 9; p. 1459-1482: PDF
Schlüter, T (2006). Geological Atlas of Africa. Springer.

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