B. Traven: Das Totenschiff

Lesetipp

Ein amerikanischer Seemann, der eine Nacht bei einem Mädchen in Antwerpen verbracht hat, verpasst sein Schiff, auf dem auch seine Papiere sind. Damit wird er staatenlos, weil er nicht einmal mehr beweisen kann, dass er überhaupt geboren worden ist: „Man möchte manchmal bedauern, dass wir noch nicht aus Papiermaché gemacht sind; denn dann könnte man an dem Stempel sehen, ob man in der Fabrik USA oder in der Fabrik Frankreich oder in der Fabrik Spanien angefertigt worden ist.“

Mehrfach wird er von einem Land ins nächste abgeschoben, bis er auf der Yorikke anheuert, ein Schiff so alt, dass manche Teile wohl noch von Noah stammen. Yes, Sir. Ein Totenschiff, von dem es kein Entrinnen gibt, nur die Gewissheit, dass sie einmal auf Grund geht, damit die Kompanie die Versicherungsprämie kassieren kann. Die Gewissheit, zu sterben und unfassbar harte Arbeit.

Ein Seemannsroman ohne jede romantische Verklärung, aber mit umso mehr beißendem anarchischem Humor.

Wer sich hinter dem Pseudonym B. Traven verbarg, ist nicht ganz klar. Sicher ist, dass er 1925 in Mexiko auftauchte und dort 1969 starb. Das Totenschiff erschien 1926. Neben seinen sozialkritischen Abenteuerbüchern schrieb er auch für eine anarchosyndikalistische Zeitung. Vermutlich war er davor unter dem Namen Ret Marut einer der Akteure der Münchener Räterepublik. Fast wäre er darum standrechtlich erschossen worden, aber er konnte fliehen: ein Arbeitersohn, Schauspieler und aktiver Anarchist.