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Wüstenschlösser in Jordanien

Ein weiterer Tagesausflug bringt mich zu den „Desert Castles“ im Osten, die meist gar keine Burgen sind, sondern vermutlich Ferienhäuser der Umayyaden-Dynastie (siehe auch Damaskus und Jerusalem). Vielleicht waren sie auch für den Handel gedacht, oder für Pilger auf dem Weg nach Kufa oder Medina, oder sie waren Farmen oder… Wirklich sicher weiß man nur, dass sie aus dem 7. / 8. Jh. stammen.

Amra ist nun wirklich keine Burg, ein Brunnen, eine kleine Halle und ein Bad, das ist alles. Innen finden sich tolle frühislamische Fresken, ziemlich profane Fresken. Mal spielt ein Bär auf einem Gitarre-ähnlichen Instrument, viele Jagdszenen und an anderer Stelle sind gar nackte Frauen zu sehen.

Das trutzige Qasr Kharana, in heller Wüstenfarbe, war möglicherweise eine Karawanserei. Wenn dies stimmt, ist es die älteste Karawanserei der islamischen Welt. Aber auch hier wird nur spekuliert.

Eine der Burgen, Azraq, ist aus schwarzem Basalt gebaut, schwarz und brütende Hitze, die die vielen Touristen langsam gar kocht. Die Römer hatten hier schon eine Festung, die im 13. Jh. von den Mamluken umgebaut wurde. Ich höre eine lustige Antwort auf die Frage, warum die Burg hier gebaut wurde: die Grenzen zu Syrien, Irak und Saudi Arabien seien ganz in der Nähe… Die Touristin hat die Antwort geschluckt, auch wenn es die genannten Staaten damals gar nicht gab. Allerdings gab es damals schon die große Oase, Grund genug. Ich finde die Dachkonstruktion spannend: schmale, knapp zwei Meter lange und nur grob behauende Basaltplatten, die auf Bögen oder anderen, hervorkragenden Platten liegen.

Amman sieht aus als hätte ein Riese eine Menge hellgrauer Würfel auf hellgrauen Bergen verstreut. Noch einige grüne Tupfer, aber sonst kaum Abwechslung.


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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
ISBN 978-3-89514-925-2
 

Meine Kamera hat ne Schraube locker

Der schöne Tag in den Ruinen von Jerash endet in einer Katastrophe: am Abend gibt meine Kamera den Geist auf, nicht einmal anschalten geht mehr. Dummerweise sind alle Geschäfte erstmal für drei Tage geschlossen, wegen dem Ende von Ramadan. Und dann ist Freitag, wieder kein Glück. Tag für Tag wird meine Laune schlechter… Endlich wird sie repariert, es war eine Schraube locker. Das darf doch nicht wahr sein???


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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Jerash: Die Römerstadt in Jordanien

Römische Ruinen im Norden von Jordanien

Jerash
Jerash

Säulen, Säulen, Säulen… schon wieder römische Ruinen, aber gute. Es ist immer wieder erstaunlich, was für gewaltige Prachtbauten die Römer in die Landschaft gestellt haben. Besonders gefällt mir der von ionischen Säulen gesäumte ovale Platz, der einen Knick in der Optik zwischen Zeustempel und der Hauptstraße mit korinthischen Kolonnaden ausgleicht. Gleich zwei Theater konnte sich die Stadt leisten.

Jerash
Jerash

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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Ramadan für Reisende: Jordanien

Ich bin verdammt froh, dass Ramadan jetzt vorbei ist. In Jordanien ist tatsächlich tagsüber selten ein Restaurant zu finden, selbst Brot, ich hatte meistens nur in meinem Rucksack zu Fetzen zerfallenes Fladenbrot vom Vortag. Auch Busse fahren seltener, freitags so gut wie gar nicht, Öffnungszeiten sind kürzer und unvorhersehbar, in sha’Allah.

Seit gestern Abend ist das alles vorbei. Der erste Hinweis auf das Ende war der Stau, in dem ich auf dem Weg zur ägyptischen Botschaft steckte. Im Basar drängten sich Massen mit prall gefüllten Plastiktüten beim großen Einkauf für das Fest, das sich über Tage hinweg zieht, wie bei uns Weihnachten. Abends schließlich sind die Straßen voll, eine heitere Stimmung, man beglückwünscht sich zum Ende des Fastens.


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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Karak: Kreuzritterburg in Jordanien

Karak
Karak

Die Kreuzritter haben das mit der christlichen Nächstenliebe ja wirklich auf die Spitze getrieben. In Karak warfen sie ihre Opfer am liebsten von der Burgmauer, mit einem Kasten um den Kopf, damit sie nicht vor dem Aufschlag das Bewusstsein verlieren…

Die Burgruine ist interessant, aber bei weitem nicht so gut erhalten wie Krak des Chevaliers.


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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Dana

Ein altes Dorf über einer Schlucht, bizarre Sandsteinfelsen und knorrige Wacholderbäume im Süden von Jordanien

Felsen bei Dana
Felsen bei Dana

Das Dana Nature Reserve ist eine in die Bruchstufe des Jordangrabens eingeschnittene Schlucht. Ich sehe ein paar nubische Steinböcke, alte Kupferminen und Sandsteinformationen, am meisten faszinieren mich hier jedoch die gedrehten Stämme der alten, z.T. abgestorbenen Wacholderbäume.

Wacholderbaum bei Dana
Wacholderbaum bei Dana
Wacholderbaum bei Dana
Wacholderbaum bei Dana

 

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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Wadi Rum, Wüste vom Feinsten

Per Jeep, Kamel und zu Fuß durch eine Wüste aus Felsen und Sand im Süden von Jordanien

Wadi Rum
Wadi Rum

Durch das Echo wird der Ruf des Muezzins im Dorf Rum zu einer merkwürdig auf- und abwallenden Musik verzerrt. Die Umgebung ist eine faszinierende Wüstenlandschaft, die wie ein Magnet Touristen anzieht: hohe Berge aus Sandstein stehen wie Inseln auf einer weiten gelblichen Ebene, die an anderer Stelle sich zu einigen Schluchten verengt. Ein paar Sanddünen, bizarr geformte Felsen, Felstore…

Wadi Rum
Felsformation in Wadi Rum
Felstor in Wadi Rum
Felstor in Wadi Rum

Eine Jeeptour nehme ich als Einführung, bevor ich zu Fuß – barfuß – die Gegend erkunde. Abends sitzen wir bei einer Nargile im Camp, sehen den Sternschnuppen zu und beschließen, nicht im Zelt zu schlafen, sondern auf einem kleinen Felsen nebenan. Mitten in der Nacht wache ich durch um uns herum streunende Schritte auf und plötzlich steht neben uns ein Beduine in weißem, wehendem Gewand: „Camel riding tomorrow?“ Sein Kamel, das für jemand anderes gedacht war, war jedoch am nächsten Morgen verschwunden, es dauerte Stunden, es wieder einzufangen. Einen Tag später schien es zunächst besser zu klappen mit den Kamelen, jedes war am Sattel des vorderen festgebunden und so begannen wir unseren Rückweg Richtung Dorf. Irgendwann trieb der Kameltreiber auf dem vorderen zum Galopp an, dem alle folgen, außer dem letzten, hinter mir. Ehe ich mich versah, flog ich in einem hohen Bogen mit samt Sattel in den Sand! Nun durften wir die Viecher selber lenken, was deutlich besser klappte.

Wadi Rum
Wadi Rum

Zu guter Letzt machte ich eine lohnende Wanderung vom Dorf aus, durch eine enge Schlucht quer durch den östlich gelegenen Berg. Der Weg ist nicht immer leicht zu finden und an jedem (trockenen) „Wasserfall“ wurde es zu leichter Kletterei. Irgendwann fand ich den Weg nicht, das einzige, was möglich aussah, war einen Riss hinauf und oben war tatsächlich ein Steinmann zu sehen… Die letzten Meter waren dann aber sehr unangenehm, ich klemmte mit meinem Rucksack in einer Sanduhr, barfuß, weil das immer noch besser war als Sandalen, und tastete verzweifelt nach einem Griff. Schließlich nehme ich all meinen Mut zusammen, jetzt bloß nicht fallen. Oben angekommen scheint mir, dass ich schon ein gutes Stück früher hinauf zu einem Felsband hätte aufsteigen sollen… Also auf dieser Tour wäre ein Führer durchaus vernünftig gewesen. Letztlich komme ich bei den Sanddünen aus und wandere in einem weiten Bogen zurück.


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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Petra: Felsengräber in Jordanien

Faszinierte Ruinen aus der Antike in einer ebenso faszinierenden Landschaft

Sogenanntes Kloster in Petra
Sogenanntes Kloster in Petra

Fast barock muten die prachtvollen Fassaden der in den Sandstein geschlagenen Gräber an. Barock aus der Antike, aus der Zeit des Hellenismus und der Römer. Die Nabatäer kontrollierten den Handel mit dem Süden Arabiens, bis sie von Rom geschluckt wurden. Von der Stadt selbst ist nicht sehr viel erhalten (der Tempel ist interessant), sodass man fast den Eindruck bekommt, die Nabatäer hätten nichts anderes gemacht, als Gräber in den Fels zu meißeln (abgesehen vom Weihrauchhandel, versteht sich).

Schatzhaus in Petra
Schatzhaus in Petra

Der Zugang zu Petra führt durch den Siq, eine tiefe Schlucht mit senkrechten Wänden, die sich durch den paläozoischen Sandstein schlängelt. Gerade wenn man gar nicht mehr damit rechnet, ist plötzlich vor einem ein kleiner Ausschnitt des „Schatzhauses“ zu sehen, eines der beeindruckendsten Gräber. Falls man nicht früh aufgestanden ist, wird man spätestens hier von einem Touristenstrom erfasst. Entkommt man den Wirbeln und Strudeln der Touristenmassen, geht man durch das letzte Stück Schlucht zur in einem Tal gelegenen Stadt. Wohin auch immer man blickt, sieht man nun Gräber, die in die knolligen, blumenkohlartigen Sandsteinberge geschlagen sind. Von nahem sieht der Sandstein stellenweise aus wie ein Gemälde, Fluidbahnen und Oxidationsfronten haben das Gestein in rot-gelb-blau-weiß-beigen Bögen und Linien bemalt (s. a. Englische Ausgabe von „Die Welt der Rohstoffe“). Durch hunderte unbedeutende Gräber zu kraxeln macht genauso Spaß wie der lange Weg hinauf zum „Kloster“, in dessen Nähe der Blick bis hinunter in den Jordangraben fällt. Nimmt man noch ein, zwei weitere Aussichtspunkte mit, so vergehen drei Tage im Fluge…

Redoxfronten im Sandstein
Redoxfronten im Sandstein

 

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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
ISBN 978-3-89514-925-2
 

Reisen im Libanon

Ruinen in Baalbek, Tyre, Byblos und Aanjar, Bars und Kriegsschäden in Beirut und ein mulmiges Gefühl

Baalbek
Baalbek

Liberal und lebensfroh gibt sich die Innenstadt von Beirut. In der aus den Trümmern des Krieges auferstandenen Pseudoaltstadt voller schnieker Boutiquen fühlt man sich weit weg vom Nahen Osten, wenn nur nicht an jeder Ecke ein Panzer stehen würde. Auch in den Bars und Clubs sieht man, dass hier Geld ist, wo auch immer es herkommt, die Preise haben durchaus europäisches Niveau.

Pseudoaltstadt in Beirut
Pseudoaltstadt in Beirut
Beirut
Beirut

Die einzige Erklärung, die ich für den plötzlichen Reichtum finde, sind die Exillibanesen, von denen es doppelt so viele gibt als Libanesen im Lande.

Ein paar Blocks weiter stehen immer wieder halb eingestürzte Häuser voller Einschusslöcher, die an den Bürgerkrieg erinnern, in dem sich dutzende Splittergruppen gegenseitig bekriegten. Unglaublich, wie viel Konfliktpotential in so ein winziges Land passen: klerikalfaschistische Christen (die maronitische Phalange), nationalistische Christen, panarabisch-nasseristische Nationalisten, islamistisch pro-Iranische Shiiten (Hisbollah), pro-Syrische Shiiten, islamistische Sunniten, die palästinensische PLO, die israelfreundliche Südlibanesische Armee, Kommunisten diverser Schattierung, pro-Syrische Baathisten, pro-Irakische Baathisten und so weiter und so weiter…. Und zwischendurch griffen auch noch Israel und Syrien ein. Die Fahnen diverser Milizen (bzw. jetzt Parteien) hängen überall in den Straßen der Städte. An den Wänden kleben Plakate, die irgendwelche Märtyrer abfeiern.

Seifenfabrik in Tripolis
Seifenfabrik in Tripolis

In Tripolis im Norden des Landes ist der Konflikt deutlich zu spüren, Soldaten sitzen hinter Sandsäcken, Panzer rasseln durch die Straße, mit Plakaten verzierte Parteigebäude sind voller Einschusslöcher und ich bleibe nicht lang, um Mamlukenarchitektur anzusehen.

Tripolis
Tripolis

Etwas außerhalb von Beirut liegt die Jeita-Höhle. Normalerweise bin ich kein großer Fan von Schauhöhlen, weil durch das Licht und die Betonwege das abenteuerliche Höhlen-Gefühl verloren geht. Die beiden mit phantastischen Tropfsteinen voll gestopften Kammern sind aber so riesig, dass ich beeindruckt bin. Eine Formation sieht aus wie überdimensionierte Psyllo-Pilze, was durchaus meine Phantasie anregt. Kurz darauf fragt mich ein dicker Aufseher, an dessen Goldkettchen ein Kreuz baumelt, ob ich das Gesicht Jesu gesehen hätte. Er führt mich einige Schritte zurück zu einem Gesicht, dass allerdings weder lange Haare, noch einen Vollbart hat, sondern ein Spitzbärtchen am Kinn. Wie kann man nur so fundamentalistisch verblendet sein, um Jesus mit Lenin zu verwechseln? Zum Glück war ich recht früh gekommen, während ich mit einem Boot durch die untere Kammer fahre, kommen die großen Gruppen an. Es ist halt doch eine Touri-Attraktion, komplett mit Minizoo und Bimmelbahn.

Tyre
Tyre

Von den Ruinen in Byblos und Tyre war ich erst einmal enttäuscht, vor allem weil sie von Hochhäusern umgeben sind, anstatt einsam in lieblicher Landschaft zu liegen. Vielleicht bin ich da etwas von romantischen Gemälden beeinflusst, auch wenn ich diese gar nicht leiden kann? Ein anderer Reisender gab mir jedenfalls in Byblos von seiner Begeisterung ab. Hier sieht man Geschichte, über zig Jahrtausende hinweg, auch wenn das meiste nur Grundmauern sind. Sehr, sehr alte Grundmauern, überwiegend aus dem 2. und 3. Jahrtausend v. Christus. Dort drüben chalkolithische Häuser, links zwei frühbronzezeitliche Tempel und ein Tor, rechts phönizische Gräber, hinten eine persische Festung, hier ein paar römische Säulen, vor uns eine Kreuzfahrerburg und drumherum zeitgenössischer Beton…

Zedern
Zedern

Dieser Abschnitt der Levante wurde vor allem durch Zedern reich (unter den Phöniziern kam noch Glas und Purpur dazu). Zedernholz war lange Zeit so beliebt, dass irgendwann der römische Kaiser Hadrian Schutzgebiete einrichten ließ. Genutzt hat es nicht, die verbliebenen Reste sind so winzig, dass das Wort „Hain“ schon fast eine Übertreibung ist.

Baalbek
Baalbek

Römische Ruinen sehe ich in Tyre und Baalbek. Tyre hat unter anderem eine riesige Pferderennbahn, kommt aber kaum gegen die Tempel von Baalbek an, die zu den gigantischsten Bauten gehören, die die Römer je gebaut haben. Die Dimensionen des Jupitertempels kann man durch die wenigen stehenden Säulen erahnen. Der etwas kleinere Bacchus-Tempel ist wesentlich besser erhalten. Die Tempel entgingen dem Schicksal anderer Ruinen, als Steinbruch zu dienen, da die Araber sie in eine Festung umbauten.

Baalbek
Baalbek

Baalbek ist eine Hochburg der islamistischen Hisbollah, der vom Iran gesponsorten Miliz, deren Fahnen und Plakate überall zu sehen sind. Ein Plakat zeigt beispielsweise den Chef-Mullah mit einem Maschinengewehr in Siegerpose vor dem Felsendom in Jerusalem. Er lächelt humorvoll, vielleicht auch eher diabolisch. Das Plakat drückt das Hauptziel aus: die Vernichtung Israels. Nicht nur in Baalbek (z.B. auch in Syrien) verkaufen Händler Hisbollah-Shirts und Feuerzeuge und ich treffe sogar Touristen, die diese für Befreiungskämpfer halten. Erst vor wenigen Monaten hat die Hisbollah in einer Art Staatsstreich ihre Macht gezeigt. Sie kontrolliert den tiefsten Süden, wo es um nichts anderes als den bösen Nachbar geht.

Frühislamische Ruinen von Aanjar
Frühislamische Ruinen von Aanjar

Der Hass gegen den südlichen Nachbarn scheint allgemein zu sein (während vor ein paar Jahrzehnten noch einige den israelischen Einmarsch befürwortet hatten), und wird oft von einem heftigen Antisemitismus begleitet. In der Nähe von Beirut treffe ich beispielsweise einen auf den ersten Blick sympathischen jungen Mann, der sich freut, dass ich nicht einfach den Medien glaube, was diese über den Nahen Osten schreiben, sondern mich selbst umschaue. Doch dann breitet er vor mir sein antisemitisches Weltbild aus, das alle meine schlimmsten Vorurteile über Araber in den Schatten stellt. Er beginnt damit, dass die europäischen Medien lügen würden, weil sie von Juden beherrscht seien, versucht mich zu überzeugen, dass die Juden heimlich die Welt regieren würden. Er hält sich für einen Sklaven, der letztlich nur für die Banken arbeitet (obwohl er ein dickes Auto fährt). Er meint, der Holocaust sei von den Juden erfunden worden, um die Staatsgründung Israels durchzusetzen und preist schließlich Adolf, dass dieser das einzig Richtige getan hätte… Meinen nicht gerade zustimmenden Bemerkungen hält er entgegen, wir Deutschen würden nicht mehr die Wahrheit sagen, weil die Juden die Macht über uns gewonnen hätten. Au weia. Das schlimme ist, dass solche Vorstellungen kein Einzelfall sind.


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Florian Neukirchen
Nahöstlicher Diwan
Unterwegs zwischen Teheran und Tel Aviv
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Absurdes Dach

Mein Hostel in Beirut, Libanon

In Syrien habe ich es genossen, auf einer Matratze auf der Dachterrasse zu schlafen. Das ist nicht nur billiger, man trifft auch viele andere Reisende und die abendliche Brise sorgt für Kühlung. Die Dachterrasse in Beirut ist hingegen anders. Ein paar Betten stehen hier eingeklemmt in einem Stahlgerüst, das die direkt über mir aufragende Werbetafel trägt, die durch starke Scheinwerfer beleuchtet wird. „Hopelessly devoted to you“ steht dort. Wie absurd.

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Florian Neukirchen
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