Es war ein etwas merkwürdiges Gefühl, ein ganzer Saal von Menschen diskutierte auf dem gestrigen Konvent mehrere Stunden lang über mich und einen von mir vor Monaten geschriebenen bösartigen verbindungsverunglimpfenden Text. Dass dieser jemals von so vielen gelesen werden würde, hatte ich natürlich nie geahnt. Ich fühle mich durchaus geehrt, dass er sogar an alle Anwesenden ausgeteilt wurde. Das Ergebnis ist, dass ich mit viel Getöse aus der Lichtenstein** rausgeworfen wurde (die Drohung, dass alleaus dem vom Haus fliegen wurde zum Glück erstmal um ein Jahr verschoben***). Immerhin war die Abstimmung sehr knapp und ich freue mich über die vielen, die zu mir gekommen sind um mir zu sagen, dass sie meinen Text sehr gut fanden. Ich freue mich auch über diejenigen, die sich durch den Text angegriffen gefühlt und trotzdem das Gespräch mit mir gesucht haben. Bei allen anderen bin ich froh, dass ich sie nie wieder sehen muss. Schade, ich hatte schon mal ein besseres Bild von der Lichtenstein!
Auf der Ringstraße durch Island, mit dem Trek von Landmannalaugar zum Skogarfoss und anderen Wanderungen
Landmannalaugar
In fünf Wochen umrundeten Crizzy und ich das wunderschöne, wilde, das kalte, nasse Island…. Heiße Quellen, von Moos überwachsene Lavafelder, Kliffs, in denen tausende Vögel nisten, gleißende Gletscher, reißende Flüsse, tosende Wasserfälle…
Landmannalaugar
Landmannalaugar ist eine phantastische Landschaft aus pastellfarbenen Hügeln, Obsidianströmen, heißen Quellen (auch zum Baden) und Fumarolen (s.a. Bewegte Bergwelt). Von hier liefen wir zunächst in etwas mehr als 2 Tagen den Laugarvegurinn (Weg der heißen Quellen) nach Þórsmörk, einem abgelegenen Tal zu Füßen der beiden mächtigen Eiskappen Myrdalsjökull und Eyjafjallajoküll. Der Weg steigt zunächst an, passiert fauchende Quellen, in der Sonne glänzenden Obsidian, bis er in eine phantastische grüne Landschaft absteigt, ein Panorama mit einigen kegelförmigen Bergen, einem See und im Hintergrund breitet sich, wie der Milchschaum auf Cappuccino, der Gletscher Myrdalsjökull aus, der ab jetzt immer wieder aus neuem Winkel ins Blickfeld kommt. Es ging weiter über trostlose schwarze Sanderflächen, auf denen wir kaum das Gefühl hatten, voranzukommen, wir passierten eine tiefe Schlucht und schließlich die ersten buschähnlichen Birken, auf die die Isländer so stolz sind…
Leider wurde nun das bisher stabil wechselhafte Wetter (mehrmals täglich Regen, mehrmals täglich Sonne) deutlich schlechter, sodass wir erstmal zwei Tage in Þórsmörk blieben, die Schluchten, Flüsse, Gletscherlagunen erkundeten, bis wir uns bei strahlendem Wetter wieder auf den Weg machten und den schmalen Pass zwischen den beiden Eiskappen überquerten.
Thorsmörk
Auf der anderen Seite steigt der Weg entlang einer Reihe wirklich schöner Wasserfälle ab bis zum beeindruckenden Skogarfoss, der sich die letzten 60 m zur Küstenebene hinunterstürzt. Nebenan lernen wir in einem Museum einiges über das harte Leben, das die Einwohner hier führten. Als es im späten Mittelalter kälter wurde, konnte nicht einmal mehr Gerste angebaut werden, es blieb nur Schafzucht und (vor allem als Winterbeschäftigung) Fischfang. Erst im 19. Jh. wurden die Torfhäuser, die denen der Wikinger ähnelten, durch aus Norwegen und Dänemark importierte Holz-Zinn-Fertighäuser verdrängt. Wer damals umzog, baute gar das ganze Haus auseinander und nahm es mit.
Skogarfoss
In Vik, ganz im Süden, machten wir einen kurzen Stopp, um die in den Kliffs nistenden Papageientaucher zu beobachten. Die Vögel sehen fast aus wie Pinguine mit bunten Schnäbeln und sind, wenn gerade nicht im Wasser, etwas tollpatschig. Das Fliegen, mit hektischen Flügelschlägen, scheint gerade so zu klappen, Starten und Landen sieht hingegen fast selbstmörderisch aus. Tatsächlich verbringen sie nur den kurzen Sommer an der Küste, den Rest des Jahres auf dem offenen Meer.
Skaftafell
Der Skaftafell Nationalpark stellt einen Teil des riesigen Vatnajökull unter Schutz, jenes Gletschers, der das südöstliche Viertel Islands dominiert. Wir bestiegen zwei Aussichtsberge (Kristinartindar und Jökufell) mit beeindruckendem Panorama über mehrere Gletscherzungen, die von der Eiskappe herunterfließen, wurden aber von einem eisigen Wind schnell wieder zurückgetrieben. Unten breitet sich zum Meer hin die große Sanderfläche aus. Immer, wenn einer der Vulkane unter dem Gletscher ausbricht, ergiesst sich eine gewaltige Flut von Schmelzwasser darüber hinweg, der Jökulhlaup bei einer Eruption des Grimsvötn 1996 zerstörte Brücken und hausgroße Eisberge kullerten über die Ebene. Etwas weiter, direkt an der Hauptstraße, liegt die photogene Jökulsarlon-Lagune, durch die hinein kalbenden Gletscher mit Eisbergen gefüllt.
Jökulsarlon-Lagune
Auf dem Weg in den Norden machten wir einen Abstecher nach Seyðisfjörður, einem der Fjorde im Osten, tiefblaues Wasser von steilen Wänden aus Basaltströmen gesäumt.
Pseudokrater am Myvatn
Myvatn ist ein großer flacher See im Norden, durch einen Lavastrom aufgestaut. Er ist nicht nur bekannt für die hier brütenden Vögel, sondern auch für die vulkanischen Landschaftsformen der Umgebung: die Pseudokrater am Ufer, die sich bildeten, als Lavaströme in den flachen See flossen und das Wasser verdampfte und explosionsartig die Ströme durchschlug, mehrere Tafelberge im Hintergrund, die durch Eruptionen unter einem Gletscher entstanden, ein Tuffring, ein Gebiet mit Fumarolen, Solfataren und kochenden Schlammtöpfen und der Schildvulkan Krafla, an dem mehrere Eruptionsspalten, ein Kratersee usw. zu sehen sind und in einem großen Geothermalkraftwerk Energie gewonnen wird.
Jökulsargljufur
Bei anhaltendem Nieselregen liefen wir die Schlucht im Jökulsargljufur Nationalpark (ich versuchte gar nicht erst, diesen Namen auszusprechen) entlang, mal ein tiefer, von Säulenkolonnaden aus schwarzem Basalt gesäumter Canon mit mächtigen Wasserfällen (der Dettifoss gilt als der mächtigste Europas), mal ist eine Reihe von Schlackenkegeln angeschnitten, Hügel aus roten und schwarzen Schlacken und merkwürdig geformte Felsen, in denen Basaltsäulen wirr in alle Richtungen stehen. Der Trek endet in Asbyrgi, ein 100 m tiefer, hufeisenförmiger Canon, der sich bei einem gewaltigen Jökulhlaup bildete. Inzwischen waren unsere Rücken völlig verspannt und die vollgesogenen Rucksäcke schienen doppelt so schwer wie zu Beginn.
Husavik gilt als Whalewatching-Mekka, trotzdem sahen wir wegen des Wetters bei unserem ersten Versuch gar nichts, das Boot schaukelte durch die Regenfahnen… Ein paar Tage später sahen wir immerhin zwei Zwergwale. Man fragt sich allerdings schon, was die Tiere denken, wenn bei jedem Auftauchen aus allen Richtungen die Boote mit Touristen angeprescht kommen… Die Tage dazwischen brachten uns zum Godafoss (wir hatten noch immer nicht genug von Wasserfällen) und nach Akurery, die winzige Metropole des Nordens.
Glaumbær
Ein paar Torfhäuser später nahmen wir den Bus in die Westfjorde, eine abgelegene Region, in der auch die Hauptstraßen, die sich Fjord um Fjord die Küste entlang schlängeln, nur teilweise asphaltiert sind. Der Bus entpuppte sich in unserem Fall als Jeep, der auch noch 5 Minuten zu früh abfuhr und daher nach einem Anruf aufs Handy nochmals zurückmusste, um eine an der Tanke vergessene Frau abzuholen…. Der „Busfahrer“ hielt immer wieder an schönen Aussichtspunkten, meinte grinsend zu mir „five minutes“ und zündete sich eine Zigarette an. In Isarförður stellte sich dann heraus, dass hier schon Mitte August der Sommer vorbei ist und der Bootsverkehr zur abgelegenen Halbinsel Hornstrandir eingestellt ist…. stattdessen wanderten wir dann zwei Tage durch die schönen „Alpen der Westfjorde“ bei Þingeyri.
Westfjorde bei Thingeyri
Eine Fähre brachte uns auf die Halbinsel Snæfellsnes, deren Ende von einem gletschergekrönten Schildvulkan überragt wird. Dieser steckte allerdings fast ununterbrochen in dichten Wolken. Die Idee, in zwei Tagen von Anarstapi (im Süden) nach Hellisandur (im Norden) entlang der Küste zu Laufen entpuppte sich als nicht so gut, das erste Stück war ein schöner Weg mit tollen Blicken auf die Steilküste mit Buchten, Brandungstoren und Felspfeilern, doch bald verliefen sich die Wege und wir stolperten, nun wirklich in der Wildnis, über ausgedehnte Lavafelder. Die wenigen auf der Karte eingezeichneten Bäche waren z.T. gar nicht vorhanden, sodass wir letztlich aus einer kleinen Moorpfütze trinken mussten.
Küste im Snæfellsnes Nationalpark
Bei der Vorstellung, dass früher die isländischen Bauern hier die Winter in abgelegenen Fischereistationen verbrachten, bei eisiger Kälte aufs Meer hinausfuhren und sogar das Wasser zu Fuß anschleppen mussten, läuft mir ein Schauer über den Rücken. Während zu Beginn der Besiedelung vor allem Wollstoffe exportiert wurden, wurde im späten Mittelalter Fisch zum wichtigsten Handelsgut: in Europa war durch die Christianisierung und die fleischlosen Freitage die Nachfrage gestiegen, später brannte isländisches Fischöl in den Straßenlaternen europäischer Großstädte.
Dehunungsspalte im Þingvellir-Nationalpark
Die verbliebenen drei Tage verbrachten wir in Reykjavik und in der für Touris als „Golden Circle“ bezeichneten Umgebung. Im Nationalpark Þingvellir gibt es eine Reihe von Felsspalten, Mini-Gräben, an denen die Plattengrenze zwischen Europa und Nordamerika bildlich zu sehen ist. Hier bildeten im 10. Jh. die frühen Siedler, die von der Tyrannei der norwegischen Monarchie geflohen waren, ihr erstes Parlament. Einmal im Jahr fand hier eine Art Politik- und Kulturfestival statt, zu dem die Leute aus dem ganzen Land anreisten.
Strokkur
Auf Geysir hatte ich mich besonders gefreut, der namensgebende Geysir selbst bricht nur noch sehr selten aus, aber der verlässliche kleine Bruder Strokkur war uns Schauspiel genug. Alle 5-7 Minuten wölbt sich für vielleicht eine Sekunde die Wasseroberfläche zu einer Halbkugel, aus der die maximal 30 m hohe Fontäne heraus schießt. Der letzte Höhepunkt, Gullfoss, ist nur wenige Kilometer weiter, schon wieder ein beeindruckender Wasserfall….. Reykjavik selbst ist immerhin mehr als halb so groß wie Freiburg…, kurz ein kleines Städtchen mit ein paar netten Ecken, Cafés und einem guten Nationalmuseum.
Gullfoss
Auf dem Weg zum Flughafen sprangen wir noch in die Blaue Lagune, ein Thermalbad, das das Abwasser eines Geothermalkraftwerks genial nutzt. Ein gutes Ende nach fünf Wochen mit schweren Rucksäcken und kaltem Wind.
Der Vulkan Oldoinyo Lengai (Expeditionsbericht 2003 mit weiteren Erläuterungen und Literaturhinweisen) ist bekannt für seine eigensinnigen Laven: Natrokarbonatit gibt es nur hier, zugleich ist er der einzige aktive Karbonatitvulkan der Welt. Doch auch die silikatischen Gesteine, die den größten Teil des Vulkans ausmachen, sind einzigartig wie Combeit-Nephelinit und Wollastonit-Nephelinit (Klaudius und Keller 2006, Lithos 91, 173-190). Wollastonit und Nephelin sind in den Gesteinen gut zu sehen, der seltene Combeit ist jedoch zu klein.
Magnetit auf Wollastonit, Breite ca. 6 cm.
Natürlich sind auch andere Minerale, die typisch für alkalinen Vulkanismus sind zu finden, darunter Ägirin und der schwarze Titan-Granat Melanit. Phlogopit glitzert überall in den Tuffen der weiteren Umgebung.
Kumulat mit Nephelin in Magnetit, Pyroxen und Melanit, Breite ca. 7 cm.
An einem besonders glücklichen Tag fanden wir einen Gesteinsbrocken, der grünlich-gelben Haüyn in Edelsteinqualität enthielt (Zaitsev, Zaitseva, Buyko, Keller, Klaudius, Zolotarev, 2009. Gem-Quality Yellow-Green Haüyne from Oldoinyo Lengai Volcano, Northern Tanzania. Gems & Gemology 45, 200-203).
Haüyn in Edelsteinqualität, Breite 1,5 cm
Olivinmelilithe sind vermutlich die primitiven Magmen, aus denen die hochentwickelten Magmen des Vulkans entstanden sind. Dieses Gestein (als Lava oder Tuff) kommt aber nur an den Explosionskratern in der weiteren Umgebung des Kegels vor.
Erstaunlich grosse Kristalle von Melilith gibt es jedoch am Lengai selbst, diese haben eine sehr „entwickelte“ Zusammensetzung mit hohen Gehalten von Fe und Na. Damit handelt es sich um ein neues Mineral der Melilith-Gruppe, das den Namen Alumoakermanit bekommen hat (Keller et al. 2006, Lithos 91, 150-172; Wiedenmann et al. 2009, Mineralogical Magazine 73, 373-384).
Olivin, von einem der Olivinmelilithit-Explosionskrater in der Umgebung des Vulkans, der größte Kristall hat ca. 1,5 cm
In der Bruchstufe des ostafrikanischen Grabens zwischen Oldoinyo Lengai und Natronsee sind Flutlaven aufgeschlossen. Darunter auch ein schöner porphyrischer Nephelinit (Neukirchen et al. 2010, Journal of African Earth Sciences 58, 734-751).
ein porphyrischer Nephelinit aus der Bruchstufe des Grabens, Breite ca. 7,5 cm
Während einem Wasserhochstand des Natronsees im Pleistozän bildeten sich auf den heute den See umgebenen Hängen Stromatolithen (Icole et al. 1990, Sedimentary Geology 69, 139-155). Die lagigen Kalkablagerungen sind das Produkt von Cyanobakterien — eine sehr frühe Lebensform, die aber z.B. im Shark Bay (Australien) auch heute noch vorkommt.
Stromatolith aus der Umgebung des Natronsees, Breite ca. 9 cm
Am Natronsee selbst bildet sich in der Trockenzeit eine Salzplaya, in der vor allem verschiedene Natriumhydrogenkarbonate abgelagert werden.
Die alkaline Intrusion Ilimaussaq (siehe auch den Reisebericht) liegt in Südgrönland und ist eines der Musterbeispiele für die seltenen agpaitischen Gesteine: Eine Fraktionierung unter extremen Bedingungen hat zu merkwürdigen Zusammensetzungen geführt. Die Gesteine haben hohe Gehalte an Alkalien, aber so wenig Al und Si, dass es für die üblichen gesteinsbildenden Minerale nicht ausreicht. Seltene Elemente wie REE, Nb, …. können stark angereichert werden. Als agpaitisch werden Gesteine bezeichnet, in denen die normalen Akzessorien wie Zirkon und Titanit durch komplexe Alkali-Zr-Ti-REE-Silikate wie Eudialith ersetzt sind.
Kakortokit (Red Layer) Eudialith (rot), Alkalifeldspat und Nephelin (weiß) und Arfvedsonit (schwarz). Bildunterkante ca. 6 cm.
Die Gesteine bestehen in der Regel aus Kalifeldspat und Nephelin (weiß), oft auch Sodalith (in Ilimaussaq grün und stark fluoreszierend), Eudialith (rot bis pink) und Alkaliamphibol (Arvfedsonit) und / oder Alkalipyroxen (Ägirin).
Der Kakortokit ist ein spektakuläres Beispiel für magmatisches Layering: eine Folge (im Schnitt zusammen 8 m mächtig) von weißen, roten und schwarzen Lagen, in denen die Minerale Alkalifeldpat und Nephelin, Eudialith und Arvfedsonit in verschiedenen Proportionen vorkommen, wiederholt sich 26 mal.
Naujait Grünlicher Sodalith (pseudomorph nach Nephelin) ist poikilitisch umwachsen von Alkalifeldspat (weiß), Eudialith (rot) und großem Arfvedsonit (scharz). Bildunterkante: 14 cm.
Der spektakuläre Naujait besteht aus mehreren Zentimetern großem Arfvedsonit, neben Alkalifeldspat und Eudialith, das Ganze ist gesprenkelt mit einer großen Menge von etwa halbzentimeter großem grünen Sodalith, der von den größeren Kristallen poikilitisch umwachsen wurde.
Rinkit, Bildunterkante ca. 9 cm.
Rinkit (gelb) ist etwas seltener als Eudialith, ein weiteres Mineral der komplexen Alkali-Zr-Ti-REE Silikate.
Eudialith Na15Ca6 (Fe2+, Mn2+)3 Zr3 [Si25O73] (O, OH, H2O)3 (OH,Cl)2
Rinkit Na (Na,Ca)2 (Ca,Ce)4 Ti [F2 | (O,F)2 | (Si2O7)2]
Tugtupit Bildunterkante ca. 6 cm.
Als später hydrothermale Bildungen kommen Minerale vor, die es zum Teil nur in Ilimaussaq gibt: darunter Na-Be-Sn-Silikate (!) wie Sørensonit und der pinke Tugtupit, letzterer beliebt unter Sammlern von fluoreszierenden Mineralien.
Sørensonit Bildunterkante ca. 6 cmAstrophyllit aus dem Randpegmatit. Bildunterkante ca. 3 cm
Markl, G, Marks, M, Schwinn, G, Sommer, H (2001). Phase equilibrium constraints on intensive crystallization parameters of the Ilimaussaq complex, South Greenland. Journal of Petrology 42, 2231-2258.
Marks, M, Vennemann, T, Siebel, W, Markl, G (2004). Nd-, O-, and H-isotopic evidence for complex, closed-system fluid evolution of the peralkaline Ilimaussaq intrusion, South Greenland. Geochimica et Cosmochimica Acta 68, 3379-3395.
Marks, M, Markl, G. (2003) Ilímaussaq ‘en miniature’: closed-system fractionation in an agpaitic dyke rock from the Gardar Province, South Greenland. Mineralogical Magazine 67, 893-919.
Sørensen, H (1997). The agpaitic rocks; an overview. Mineralogical Magazine 61, 485-498.
Melanit (bzw. Schorlomit) in Calcit, aus dem alkalinen Tamazeght-Komplex, Marokko, Breite ca. 5 cm
In der letzten Zeit habe ich ein wenig damit experimentiert, Steine zu photographieren: Es ist durchaus eine Herausforderung, Mineralien „ins rechte Licht gerückt“ abzubilden. Kristallflächen sollen natürlich gut sichtbar sein, zum anderen soll aber auch das Innere von transparenten Kristallen zu sehen sein, was durch starke Reflexionen verhindern wird. Leichte Reflexionen können hingegen kleinere Flächen betonen und fügen etwas Glanz und Glitzern hinzu …
Ich benutze einen schwarzen oder weißen Hintergrund, auf dem ich das Handstück positioniere. Zwei Tageslicht-Lampen mit Diffusern und nach Bedarf kleine Reflektoren aus Alu-Folie (um hier und dort mit Reflexionen eine Fläche zu betonen oder Oberflächenstrukturen nachzuzeichnen) sorgen für Licht, alle anderen Lichtquellen (Sonne, blauer Himmel, Lampen…) müssen ausgeschlossen werden. Das Objektiv ist ein Canon EF-S 60mm f/2.8 Macro USM, die Kamera steht selbstverständlich auf einem Stativ und wird mit einem Auslöserdraht bedient. Die Kamera ist im Av-Modus, um eine bestmögliche Kontrolle über die Tiefenschärfe zu erreichen. Ich mache immer zunächst eine Probeaufnahme, von deren Histogramm schnell die benötigte Belichtungskorrektur abgelesen werden kann.
Wieder einmal Tübinger Stocherkahnrennen: mehr als 50 Kähne, einige von phantasievoll verkleideten Besatzungen gesteuert, die in einem heillosen Durcheinander die Neckarinsel umrunden. Und diesmal bin auch ich dabei.
Die Startnummer konnte kaum schlechter sein: 50 — in der zweiten Reihe ganz auf der linken Seite: wegen der Insel, die kurz unterhalb des Starts beginn und wegen der alle nach rechts hinüber drücken ist es hier fast garantiert, dass man nach wenigen Metern im Gebüsch landet. Countdown. Knall. Los! Stop!!!!! Crizzy ist nicht da!!!! Sie ist gerade erst vom Kahn, weil sie aufs Klo musste, als ob vorher nicht genug Zeit gewesen wäre…. Adrenalin pulsiert durch die Adern, wir ermuntern Tobi einzuspringen, Tobi, der uns zum Start gestochert hat, damit wir uns auf den Weg hinauf nicht anstrengen und der gerade noch in der Nähe stand. Tobi, auf!! Scheiß auf den Rucksack, nimm den mit in den Kahn! Die anderen haben schon um die 10 m Vorsprung und wir sind immer noch am Start!!! Full speed, unser Stocherer steht hinten im Kahn, schiebt mit aller Kraft, zieht die lange Stange wieder heran und lässt sie erneut senkrecht ins Wasser fallen. Wir Paddler beugen uns über die Rehling und ziehen unsere Arme in Kraulbewegungen durch das Wasser. 1, 2, 3, … 19, 20 und Wechsel auf die andere Seite des Kahns, 1, 2, 3 … Wir lenken auf die andere Seite des Flusses, wo es etwas leerer ist und überholen in kürzester Zeit, noch vor der Insel, um die 30 Kähne. Weiter! Wir überholen Kahn um Kahn. Wir haben Glück am Nadelöhr zwischen Insel und Brückenpfeiler, zweimal drängen wir uns durch den überfüllten Engpass. Hin und wieder springt Tobi, der ganz vorne paddelt, ins Wasser, um Kollisionen im Gedränge zu vermeiden. Aber dann werden wir doch zweimal bei missglückten Überholmanövern in die Büsche abgedrängt, einmal verliert unserer Stocherer die Stange und springt ins Wasser, wir werden von einer Handvoll Kähnen eingeholt, bis wir ihn wieder an Bord haben. Und weiter!!! Wir geben unser Bestes. Platz 13. Nicht schlecht für einen Start, der spannender nicht hätte sein können…. Nach einiger Zeit im Ziel mache ich mich auf die Suche nach Crizzy, damit sie wenigstens noch mit uns zum Grillen kommt, finde aber weder sie noch später den Kahn, weil niemand ans Handy geht. Der Tag endet daher für mich in trauter Zweisamkeit zwischen mir und einer Flasche Rum, die Stereoanlage bis zum Anschlag aufgedreht……
Nachdem ich schon befürchtet hatte, Ostern allein in Tübingen zu enden, begleite ich spontan Karin nach Budapest. Breite Boulevards und engere Seitenstraßen, prunkvolle Paläste von Barock bis Art Deco, … und auf der anderen Seite der Donau, mit alten Hängebrücken mit Pest vertäut, der Burgberg von Buda, auf dem alles etwas schnuckliger ist und fast nur noch Touristen unterwegs sind. Nach langen Wanderungen durch Kunstmuseen und Straßen entspannen wir uns in prachtvollen alten Thermalbädern.
Dank hospitality club wohnen wir authentisch in einem winzigen Zimmerchen im 10. Stock inmitten einer Plattenbausiedlung.
Vor dem 2. Weltkrieg wurde das Leben in der Stadt zu einem nicht geringen Teil von Juden geprägt. Innerhalb weniger Monate wurden 1944 dann 500000 der etwa 800000 ungarischen Juden von den Deutschen mithilfe ungarischer Pfeilkreuzler deportiert. Heute hat das jüdische Viertel abseits der Synagoge einen gewissen Charme des Verfalls.
Bei der Anreise im Bus sind wir trotz EU dreimal kontrolliert worden. Das erste Mal mitten in Bayern, zwei Beamten in Zivil haben jeden Pass penibel mit der Lupe geprüft (kein Witz!) und alle nicht-deutschen Pässe eingesammelt. Zwei Japaner wurden lange ausgefragt, ob sie vorhaben, von Ungarn nach Frankreich zurückzureisen, bis endlich einer der Beamten meinte „lass gut sein, wir sind schließlich ein Rechtsstaat“. So ein Glück. Als es endlich nach Ewigkeiten weiter ging, wurde ein Ungar hinter uns etwas unruhig, durchsucht seine Hosentaschen, den Geldbeutel. Aber dem Fahrer zu sagen, dass er seinen Pass noch nicht zurück hat, rafft er sich erst auf, nachdem wir schon einige Zeit wieder auf der Autobahn sind…. Schließlich haben wir an einer Raste darauf gewartet, dass der Pass von den Cops hinterher gebracht wurde.
Ist der, die oder das Tübinger Lichtenstein eine Verbindung?
Die (nächstes Jahr 100 Jahre alte) Villa einer ehemaligen (?) Verbindung: die Widersprüche zwischen dem grossen holzvertäfeltem Saal und dem alternativen Flair der kleinen hippiesk bunt gestrichenen Zimmern, zwischen Turmzimmerchen und chaotischer Küche, zusammen einkaufen, kochen… dem zweimal jährlich stattfindenden Konvent des Vereins und der berüchtigten Halloweenparty… spiegeln die wiedersprüchlichen Vorstellungen wieder, was das Lichtenstein eigentlich ist. Verbindung? Alternatives Wohnprojekt? Ein Verein aus ehemaligen HausbewohnerInnen (inklusive den Alten Herren von früher) subventioniert im Sinne eines Generationenvertrages das Haus und vermietet es an die jetzigen BewohnerInnen, wobei das Zusammenleben von den aktuellen BewohnerInnen selbstverwaltet organisiert wird. Und manche ehemaligen BewohnerInnen treten natürlich auch in den Verein ein, weil sie das Haus so wie es ist erhalten wollen. Letztlich wird dabei aber durch die Hintertür ein Haufen Verbindungs-Klimbim wieder hineingebracht, eine Nostalgie-Bubble für die Alten Herren, die sich z.T. vorgeben, ihre Verbindung sei zwar sehr sehr liberal aber immer noch existent. Die BewohnerInnen werden von den Alten „Aktivitas“ genannt, für den Konvent wird das Wappen im Saal aufgehängt und im Bundesblatt des Vereins die Tradition beschworen.
Die BewohnerInnen und jüngeren Vereinsmitglieder betonen hingegen die Brüche (über die unzählige z.T. widersprüchliche Geschichten kursieren), wehren sich gegen den Jargon wie „auf dem Haus“ und sehen das ganze eher als ungewöhnliches Wohnprojekt. Denn was hat das Leben hier im Haus noch mit Verbindungsunwesen zu tun? Nichts! Doch auch wenn sich vielleicht alle ein wenig selbst belügen, immer mal wieder Konflikte aufbrechen und wieder geschlichtet werden, scheint diese merkwürdige Symbiose zu funktionieren. Und so ist das Haus neben ein paar weiteren Alternativ-WG-Villen (die typtisch für Tübingen zu sein scheinen) und den eher klassischen Projekten wie Schelling ein Bestandteil des alternativen Lebens Tübingens. In einer skurilen Umgebung von immer noch aktiven Verbindungen, die Nachts mit farbigem Band, Kappe und Bierglas über den Österberg streichen und in ihren Garten kotzen, die z.T. auch fechten und…. kurz, ein „Haufen von verhetzten, irregeleiteten, mäßig gebildeten, versoffenen und farbentragenden jungen Deutschen!“ (Kurt Tucholsky)
Die Widersprüche scheinen sich durch die gesamte Geschichte des Hauses zu ziehen, wobei auch bei der „offiziellen Geschichtsschreibung“ Mythos und Realität nie ganz zu trennen sind. Gegründet 1873 von jungen Theologen des Evangelischen Stifts mit den Leitideen „Individualismus und süddeutscher Liberalismus statt Konformismus und preußischer Nationalismus“, geprägt vom bürgerlichen humboldtschen Bildungsideal, nannte man sich Gesellschaft, nicht Verbindung: „Was uns zusammengehalten hat, war die Liebe zur Solidarität und unsere Opposition gegen das Verbindungswesen“. Das änderte sich dann aber schnell, „Halbwichs“ und Mensur kamen schneller als das eigene Haus, das Duellverbot wurde aufgehoben und deutschnationale Ideen kamen auf. Nach dem ersten Weltkrieg kämpften Lichtensteiner in den studentischen Freikorps (Tübinger Waffenring) in Stuttgart gegen streikende Arbeiter und in München beim blutigen Schlag gegen die Räterepublik. Kein Wunder, dass schon 1932 die Mehrheit der Aktivitas im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund waren. Mitgliedschaft in SA oder Stahlhelm wurde bald obligatorisch. Im Zuge der Gleichschaltung wurde die Verbindung schließlich wie alle anderen Verbindungen vom NSDStB geschluckt, das Haus war nun „Kameradschaftsheim“.
Nachdem das Haus nach dem Krieg eine Zeit als Französisches Offizierskasino gedient hatte, ziehen wieder Burschen ein, zwar „Liberal“ und ohne Wichs oder Mensur, doch in den üblichen hierarchischen Formen unter strengem Reglement. Die Kämpfe der späten 60er Jahren lösten aber auch im Lichtenstein Diskussionen aus, der Zwang wurde wegen der akuten Nachwuchsprobleme mehr oder weniger abgeschafft. Verbindungen waren nun mal out… die Bewohner der 70er Jahre hätten lieber das Wort „Club“ statt „Verbindung“ und kämpften dafür, dass auch Frauen hier wohnen dürfen, was aber beides den Alten Herren mißfiel. Letztlich dürfen Frauen eintreten aber nicht im Haus wohnen, ein fauler Kompromiss, wegen dem sowohl viele Alte Herren als auch die komplette Bewohnerschaft austraten.
Der Neubeginn 1979 und die folgenden Jahre müssen ziemlich chaotisch gewesen sein, und das Flair änderte sich so schnell wie die BewoherInnen ein- und auszogen. Die neuen BewohnerInnen renovierten das komplette Haus selbst, man spielte Theater, engagierte sich in der Friedensbewegung und für Asyl, irgendwann wurden die eh schon im Haus wohnenden Frauen legalisiert… Die endgültige Selbstverwaltung der BewohnerInnen kam 1983: der bisherige Hausverwalter (der heute der Vorstand des Vereins ist) zog aus und ging nach Papua Neuguinea. Im grossen Saal wurden Transpis gemalt, alternative Kulturveranstaltungen organisiert, Studiproteste und Ökologie, Aufrüstung und Golfkrieg, gar Revolution….. Und immer wieder das Thema Verbindungen, die in Veranstaltungen kritisch unter die Lupe genommen wurden. Aus dieser Zeit stammen auch Erzählungen von Burschen, die ins Haus eindringen und randalieren.
Was also ist das Lichtenstein? Eine Alternativ-Verbindung? Ein generationsübergreifender Freundeskreis? Eine Gemeinschaft? Es gibt einfach keinen passenden Begriff, der nicht einer weiteren Erklärung bedürfte.
„Die Beute wird, wie das immer so üblich war, im Triumphzug mitgeführt. Man bezeichnet sie als die Kulturgüter. Sie werden im historischen Materialismus mit einem distanzierten Betrachter zu rechnen haben. Denn was er an Kulturgütern überblickt, das ist ihm samt und sonders von einer Abkunft, die er nicht ohne Grauen bedenken kann. Es dankt sein Dasein nicht nur der Mühe der großen Genien, die es geschaffen haben, sondern auch der namenlosen Fron ihrer Zeitgenossen. Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein.“
Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte.
¡Zapata vive! Die Besetzung des bunten Kolonialstädchens San Cristobal de la Casa in Chiapas (Mexico) am 1. Januar 1994 war der Auftakt der Rebellion der EZLN. Heute gibt es hier an jeder Ecke Zapatista-Puppen und Subcomandante Marcos-Shirts zu kaufen, denn schließlich hatte die Guerilla die Herzen der Linken in den Metropolen erobert. „Alles für alle, aber nichts für uns“, statt die Macht zu erobern wurden selbstverwaltete Strukturen aufgebaut. Während die Zapatistas durch die Wälder streifen, holt uns hier das Neue Jahr ein…
In Palenque habe ich meinen ersten Kontakt mit den Mayas, aber zurück in Guatemala verblasst dieser erste Eindruck im Vergleich mit Tikal: eine Vielzahl von steilen Pyramiden, die aus dem Dschungel in den Himmel ragen, die meisten der kleineren sind noch immer von dichtem Wald überwuchert, in dessen Bäumen Tukane, Affen und Papageien zu entdecken sind… Tikal war einer der mächtigsten der damaligen Stadtstaaten, es gab auch damals eine Art Blockbildung zwischen den großen verfeindeten Rivalen und deren Vasallenstaaten.
Tikal
Die Fahrt nach Gracias in Honduras dauert fast 20 h in 7 verschiedenen Bussen, unterwegs vergisst Marta ihre Kamera im Bus, später versucht ein Betrunkener ihren Schmuck zu klauen und dann ist auch noch in ihr Haus (wo es nicht viel zu holen gab) in Gracias eingebrochen worden… Während ich in diesem winzigen verschlafenen Städtchen mit staubigen Straßen etwas zur Ruhe komme, taucht Marta wieder in ihren Alltag ein, sie unterrichtet für ein Jahr in einer kleinen zweisprachigen Schule in der Nähe. Kurz dahinter beginnt der Nationalpark Celaque. Im Gipfelbereich dieses erloschenen Vulkans, dem höchsten Berg Honduras, wächst ein verwunschener Nebelwald, in dem es sicher nicht nur Pumas und Quetzals, sondern auch Feen und Kobolde gibt.
Wald in Honduras
Auf dem Rückweg nach Guatemala mache ich halt in der Mayastadt Copan, die vor allem bekannt für die Feinheit ihrer Skulpturen ist. Aber auch die von Bäumen bewachsenen Treppen der Tempel im stimmungsvollen Morgenlicht beeindrucken mich. Bekannt ist auch der gut erhaltene Ballspielplatz. Gespielt wurde mit einem schweren Ball aus massivem Kautschuk, der nur mit Oberschenkeln und Hüfte hochgehalten wurde. Es war allerdings weniger Spiel als religiöses Ritual. Und oft ging es um das Leben einer Mannschaft. Nach Jahrhunderte langer Blüte ging die Stadt wohl in einer ökologischen Katastrophe unter, durch Überbevölkerung, Abholzung, Auslaugung der Böden…
Die letzten Stunden verbringe ich wieder in Antigua, in melancholischer Stimmung. Fuego grüßt mit kleinen Aschenwolken und ich wünsche, ich hätte mehr Zeit. Wie immer viel zu kurz!