Moho

Da ich gerade nicht mit aktuellen Fotos aufwarten kann, einmal ein Bild von einem Handstück, das schon seit Langem in meinem Zimmer herumliegt. Es ist eines meiner Lieblingsstücke, weil ich jeden Geowissenschaftler, der bei mir zu Besuch ist, mit der Frage quälen kann, was er hier sieht. Zwei unterschiedliche Gesteine, richtig, und das obere mit dem roten Granat in grünem Omphazit ist fraglos Eklogit. Die braune Farbe des unteren Gesteins ist nur die verwitterte Oberfläche, auf der sich aber der pinke Granat und der grüne Chromdiopsid deutlich abheben. Unverwittert auf den übrigen Flächen sieht das Gestein ziemlich schwarz aus. Das rostbraun ist die typische Verwitterungsfarbe von Olivin und das Gestein ist ein Granatperidotit, also ein Stück des Erdmantels.

Moho

Und genau das ist der Grund, warum ich die Frage so gern stelle: Ungefähr so muss (zumindest manchmal) die Mohorovičić-Diskontinuität aussehen, die Grenze zwischen Erdkruste und Erdmantel. Eklogit ist ein metamorphes Hochdruckgestein, das in großer Tiefe aus Basalt entsteht. Das passiert vor allem bei der Subduktion ozeanischer Kruste. Aber wenn die kontinentale Kruste durch eine Gebirgsbildung stark verdickt ist, kann auch ihr unterster Teil in Eklogit umgewandelt werden.

Die Moho – kaum ein Geologe versucht, den vollen Namen auszusprechen – wurde 1910 vom kroatischen Geophysiker Andrija Mohorovičić durch die Auswertung von Erdbebenwellen entdeckt. Da Erdkruste und Erdmantel aus unterschiedlichen Gesteinen von unterschiedlicher Dichte bestehen, laufen Erdbebenwellen darin mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und sie werden an der Moho gebeugt. Allerdings ist die Lage der Moho nicht immer ganz eindeutig, etwa können Klumpen von Mantel- und Krustengesteinen durcheinander kommen. Ein weiterer Aspekt wirft einen gewissen Schatten auf mein Handstück, denn nicht alle Krustengesteine haben eine geringe Dichte – und zwar vor allem nicht der Eklogit. In diesem Fall hätte die Moho der Seismologen nicht mit der Moho der Mineralogen übereingestimmt.

Tatsächlich ist ziemlich sicher, dass sich mein Handstück niemals so an der Basis der Kruste befunden hat. Es stammt aus der Olivinmine Åheim in Norwegen, die in der sogenannten Ultrahochdruckprovinz nördlich des Nordfjords liegt. Die ganze Region besteht aus Gesteinen, in denen Ultrahochdruckminerale gefunden wurden, die ein tiefes Abtauchen in einer Subduktionszone beweisen: zum Beispiel Coesit, der in den Eklogiten in Form winziger Einschlüsse im Granat vorkommt. Das häufigste Gestein der Provinz sind Gneise, kontinentale Kruste, die ebenfalls bis in mindestens 140 km Tiefe abgetaucht sind, was mikroskopisch kleine Diamanten beweisen. Durch tektonische Bewegungen sind in diese Gneise unzählige Klumpen von Eklogit und Peridotit eingearbeitet, mit Durchmessern zwischen einem Meter und wenigen Kilometern. Und weitere tektonische Bewegungen folgten auf dem langen Rückweg zur Erdoberfläche (wie steht in meinem Buch Bewegte Bergwelt). Keine Ahnung, wo auf diesem Weg die beiden Gesteine meines Handstücks zusammenfanden.